Position zum geplanten Wiederaufbau der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche

Zur Geschichte

Die Potsdamer Hof- und Garnisonkirche, 1730 – 1735 durch den Architekten Philipp Gerlach auf Befehl des preußischen Herrschers König Friedrich Wilhelm I. (1688 – 1740), genannt der „Soldatenkönig“, für die Soldaten der Potsdamer Garnison und die Bediensteten des Potsdamer Hofes errichtet, war seit ihrer Erbauung Symbol für Militarismus und Krieg.

Die Fassade des 88,40 m hohen Turmes war mit zahlreichen steinernen Granaten, Standarten und Trophäen geschmückt. Das im Turm befindliche Glockenspiel bezeugte mit der Melodie „Üb‘ immer Treu‘ und Redlichkeit“ die sogenannten preußischen „Tugenden“ und die Verbindung von Kirche und weltlicher Obrigkeit.

Theodor Fontane (1819 – 1898) nannte diese Kirche in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ ein „Symbol des Militärstaates Preußen“.

Die Prediger dieser Kirche waren vom 18. bis zum 20. Jahrhundert durchgängig streng konservativ geprägt. Demzufolge fielen auch die Predigten entsprechend aus und mischten sich zu Zeiten des Krieges auch mit Kriegsrhetorik und Waffensegnungen, ob nun in den Schlesischen Kriegen (1740 – 1763), den Befreiungskriegen gegen Napoleon (1813 – 1815), den deutschen Einigungskriegen (1864 – 1871) oder dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) und Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945).

Des Weiteren fanden in dieser Kirche Fahnenweihen, militärische Heldenehrungen und Gedenkgottesdienste für Angehörige des preußischen Königshauses statt. Das Hauptklientel waren Adel und Bürgertum. Die relativ kleine Zivilgemeinde spielte kaum eine Rolle. Zwischen 1918 und 1933 ist die Hof- und Garnisonkirche als ein Bollwerk gegen die Demokratie genutzt worden. Man wollte dem „Geist von Weimar“ bewusst den „Geist von Potsdam“ entgegensetzen, d. h. dem Geist der Demokratie und des Aufbruchs den Geist des Konservatismus und Militarismus.

Am 21. März 1933 erlebte der „Geist von Potsdam“ in der Verbindung zwischen preußischem Militarismus und Nationalsozialismus mit der „Inthronisierung“ Adolf Hitlers als Reichskanzler am sogenannten „Tag von Potsdam“ in der Hof- und Garnisonkirche seinen triumphalen Höhepunkt und die Stadt Potsdam damit gleichzeitig einen ihrer dunkelsten Tage. Dieses Ereignis galt auch als „Geburtsstunde“ des Dritten Reiches.

Zwar rekrutierten sich aus der Gemeinde der Garnisonkirche auch einige Personen, die beim Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler beteiligt waren. Allerdings kann die Garnisonkirche damit kaum als „Hort des Widerstands“ bezeichnet werden, da diese nur Einzelpersonen waren, die in keinem Falle die Mehrheit der dort ansässigen Gemeinde repräsentierten.

Als in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945 britische Bomber Potsdam zerstörten, wurden zahlreiche Gebäude der Potsdamer Innenstadt zerstört oder stark beschädigt, darunter auch die Hof- und Garnisonkirche. 1949 wurde die Ruine in „Heilig-Kreuz-Kirche“ umbenannt und 1950 im Turmstumpf eine Kapelle eingerichtet. Wegen Baufälligkeit und weil andere Projekte Vorrang hatten, z. B. die Neugestaltung der Potsdamer Innenstadt und der Wiederaufbau der Nikolaikirche auf dem Alten Markt, wurde die Ruine der ehemaligen Hof und Garnisonkirche auf Beschluss der damaligen SED-Leitung, einem Antrag der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung folgend, 1968 schließlich abgerissen.

Dass die Kirche auf persönlichen Befehl Walter Ulbrichts gesprengt worden sei, ist ebenso eine Legende wie die Behauptung, es habe massenweisen Protest seitens der Kirchenleitung gegen den Abriss gegeben. Tatsache ist, dass Walter Ulbricht gefragt habe, was mit dem Bauwerk passiere. Man antwortete ihm, dass die Ruine abgerissen werde. Seitens der Kirchenleitung der DDR bestand kaum Interesse an einem Wiederaufbau dieser Kirche, da dieser zu teuer war und auch die anfallenden Unterhaltungskosten das geringe Budget übersteigen würden. Das galt allerdings auch für andere kunsthistorisch bedeutsame Kirchen. Man setzte damals vorrangig auf den Bau moderner Gemeindezentren.

Zum geplanten Wiederaufbau

Aufgrund der jahrhundertelangen eindeutig konservativen und militaristischen Ausrichtung dieser Kirche muss ein Wiederaufbaubestreben sehr kritisch gesehen werden. Seit den 1980er Jahren versuchten vor allem stark konservativ und militärisch geprägte Vereine und Organisationen, die Potsdamer Hof- und Garnisonkirche wieder zu errichten.

Die Befürworter des Wiederaufbaus halten vor allem einen Beitrag zum barocken Stadtbild Potsdams für notwendig, auch wenn es dieses seit 1945 praktisch nicht mehr gibt.

Ein weiterer Punkt ist die Stilisierung der Garnisonkirche zum „Hort des Widerstandes“ durch das Attentat vom 20. Juli 1944, welches damit eine nie dagewesene Überhöhung erfährt. Auch will man den „Kommunisten nicht den Sieg lassen“, so ein Zitat von Bischof Dr. Wolfgang Huber, Kuratoriumsvorsitzender der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“, der immer noch an der Legende des persönlichen Abrissbefehls Walter Ulbrichts festhält. Ein wichtiger Punkt ist zwar die Bemühung um Versöhnungsarbeit, die allerdings im neuen Konzept sehr abgeschwächt ist, da weder die Kirche umbenannt werden soll noch das Nagelkreuz von Coventry, welches 2004 für ein dort zu errichtendes internationales Versöhnungszentrum gestiftet wurde, deutlich sichtbar sein wird.

Seit der Wende 1989/1990 gibt es nicht nur in Potsdam kritische Stimmen gegen einen möglichen Wiederaufbau. Der ehemalige Jugendpfarrer Uwe Dittmer, der 1968 den letzten Gottesdienst in der Kapelle des Turmstumpfes hielt, sprach sich klar gegen einen Wiederaufbau aus. Zahlreiche Friedensinitiativen und Christen wandten sich ebenso dagegen. Hauptkritikpunkte an der Initiative zum Wiederaufbau der Garnisonkirche sind:

  • Die gesamte Geschichte und Nutzung der Kirche muss umfassend aufgearbeitet werden.
  • Die Bildung eines neuen Wallfahrtsortes und einer Pilgerstätte für rechtskonservative, rechtsradikale und neofaschistische Kräfte muss verhindert werden.
  • Ein Neuanfang muss sowohl im Namen als auch in der Architektur sichtbar werden.
  • Der Wille zur internationalen Versöhnungsarbeit muss klar erkennbar sein.
  • Das mangelhafte Finanzierungskonzept mit erheblichen Lücken muss offengelegt werden.

Im März 2014 gründete sich die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ ein halbes Jahr später war Friedenspfarrrer Dr. Friedrich Schorlemmer einer der Erstunterzeichner der Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“, diese wird seit 2015 von der „Martin Niemöller Stiftung e. V.“ unterstützt.

Diesen Friedensinitiativen fühlen sich die Mitglieder der Friedenskoordination Potsdam verbunden und lehnen somit einen Wiederaufbau dieser Kirche konsequent ab. Ein Kompromiss wäre nur denkbar, wenn an der Stelle der einstigen Hof- und Garnisonkirche ein moderner Neubau entstünde, der den historischen und architektonischen Bruch mit der Vergangenheit sichtbar macht und der interkulturelle, interreligiöse und internationale Begegnung und Versöhnung schafft und möglich macht.

Hier kann die Position der Friedenskoordination Potsdam zum geplanten Wiederaufbau der Potsdamer Hof- und Garnisionkirche als PDF-Dokument heruntergeladen werden.