27.1.2014 – Pressemitteilung zu „familienfreundliche Bundeswehr“

Ein Beruf wie jeder andere?

Der  jüngste  Vorstoß  der  Bundesverteidigungsministerin  Ursula  von  der  Leyen  stößt  bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auf Verwunderung. Hatte sie doch am 12.01.2014 erklärt, die  Bundeswehr  zum  „attraktivsten  Arbeitgeber  Deutschlands“  machen  zu  wollen,  es  solle eine „familienfreundlichere Ausrichtung“ und „Teilzeitbeschäftigung“ ermöglicht werden. Das Bild des „Bürgers in Uniform“ solle wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft rücken. Von  einigen  Seiten  wurde  dies  belächelt,  von  anderen  hoch  gelobt,  vor  allem  von  den
Parteien  der  Großen  Koalition:  CDU,  CSU  und  SPD.  Bündnis  90/Die  Grünen  sehen  den Vorstoß skeptisch aber grundsätzlich positiv, einzig die LINKE wandte sich scharf gegen die Pläne von der Leyens mit dem Wortlaut es gäbe weder „familienfreundliche Kriegseinsätze“ noch „Teilzeitkriege“.Diese Auffassung teilen auch wir als Friedenskoordination Potsdam.

Schon einmal gab es in Deutschland eine Zeit, in der das Militär in die Mitte der Gesellschaft gerückt wurde: Zinnsoldaten, Kriegsspielzeug, Waffen und Uniformen gehörten damals zum Alltag von Haushalt und Familie. Sehr beliebt in jener Zeit waren Matrosenuniformen für die Kinder und die Mitgliedschaft in Schützenvereinen.  Dies führte in der Folge zu einem Krieg, dessen Beginn sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt und in dem viele Deutsche aus einem falsch  verstandenen  Patriotismus  freiwillig  mitkämpften,  weil  sie  es  als  ihre  „Bürgerpflicht“
ansahen.  Danach  folgte  ein  noch  grausamerer  Krieg,  dessen  Folgen  bis  heute  in  unserer Gesellschaft spürbar sind.
Einige Nationen haben aus diesen beiden Weltkriegengelernt und Konsequenzen gezogen, andere  hingegen  fühlen  sich  nach  wie  vor  verpflichtet,  die  militärische  Ordnung  Europas aktiv  mitzugestalten.  In  Deutschland  geht  die  Bundeswehr  dazu  in  Schulen,  Universitäten und andere Einrichtungen, um für sich und ein Lebenals Soldat zu werben, ähnlich wie in den USA.
Nach  der  Aussetzung  der  Wehrpflicht  im  Jahr  2010  und  der  Umstrukturierung  zu  einer freiwilligen  Berufsarmee  im  Jahr  2012  kann  von  einem  „Bürger  in  Uniform“  bei  der Bundeswehr nicht mehr gesprochen werden, da eine Wehrpflicht für alle männlichen Bürger nicht  mehr  besteht.  Wer  in  die  Bundeswehr  geht,  tut dieses  freiwillig  und  wählt  bewusst diesen  Berufsweg,  womit  auch  der  mögliche  Auslandseinsatz  in  einem  Krisen-  oder Kriegsgebiet in Kauf genommen wird – Soldat ist eben kein Beruf wie jeder andere!

Wir fordern daher:

  • Abzug  der  Bundeswehr  und  aller  deutschen  Soldaten von  allen  weltweiten  Kriegseinsätzen sowie die Verpflichtung, sich nicht an weiteren Kriegseinsätzen zu beteiligen,
  • Einstellung sämtlicher militärischer Forschung (auch ausländischer) an allen zivilen und universitären Forschungseinrichtungen Deutschlands,
  • Verbot  der  Werbung  der  Bundeswehr  in  Schulen,  Universitäten  und  anderen  Einrichtungen, damit der Beruf des Soldaten klar von zivilen Berufen zu unterscheiden ist,
  • keine öffentlichen Gelder für militärische und militärhistorische Gebäude, Einrichtungen und Projekte – ausgenommen, sie dienen der reinen Selbstverteidigung der BRD,
  • Loslösung  der  Bundeswehr  aus  den  Militärstrukturen  der  NATO  und  ähnlichen Bündnissen (auch denen der EU) und Umwandlung zu einer zivilen Organisation, die der Landesverteidigung dient.

Von Albert Einstein stammt der Satz: „Ein kluger Kopf passt unter keinen Stahlhelm!“

Michael Meixner, Friedenskoordination Potsdam